INTERVIEW AUS DEN HEFTEN COMIXENE 40 / 41

( Juli / August 1981 )

MEHR ODER MINDER MAD

Der damalige Comixene-Mitarbeiter Wolfgang J. Fuchs führte ein ausgiebiges Interview mit diversen Zeichnern und Machern

( TEIL 1 ( Heft 40 ) = Gaines, De Bartolo, Clarke, Davis, Jaffee, Torres, Berg und Martin )

( TEIL 2 ( Heft 41 ) = Aragones, Rickard, Silverstone, Coker Jr.und Feldstein )

anlässlich Ihres Deutschland-Besuches in Jahre 1981

FUCHS : Mr. Gaines, Ihre Familie hat ja einen großen Einfluß auf die Entwicklung der narrativen Künste - der Comics - gehabt. Und : wie hat sich aus den Comics schließlich MAD entwickelt ?

BILL GAINES : ( lacht erst herzhaft und meint dann ) : Ich würde Sie ja bitten, die Frage zu wiederholen, aber ich würde sie wohl auch beim zweiten Mal nicht verstehen.

FUCHS : ich wollte eigentlich nur darauf hinaus, daß Ihre Familie früher die E.C. Comics produziert hat.

GAINES : Richtig. Aber das war eine andere Familie. Eine fast komplett andere.

FUCHS : Aber Sie waren doch verwandt damit !

GAINES : Nun...abgesehen von AL Feldstein, meinem Redakteur, und Jack Davis hat glaube ich niemand, der an MAD mitgearbeitet, E.C. Comics gezeichnet.

FUCHS : Und wie stehen Sie zu E.C. Comics ?

GAINES : Tja, die habe ich immer geliebt, und ich liebe sie noch.

FUCHS : In seinen Anfangszeiten enthielt MAD hauptsächtlich Parodien von Comics, von Funksendungen usw. und entwickelte sich schließlich zu etwas, das nur noch entfernt mit Comics verwandt war. Was waren eigentlich die Gründe für diese Entwicklung ?

GAINES : Wir haben die Zeitschrift im Niveau auf eine etwas andere Stufe angehoben, wie Sie ja wissen. Wir haben auf besserem Papier gedruckt, Schriftsatz benutzt, die Farbe weggelassen, das Format verändert. Und den Preis angehoben. Das hat neue Möglichkeiten eröffnet und wir haben dann alle anderen Aspekte des Lebens in aller Welt parodiert, insbesondere natürlich das Leben in den USA.

FUCHS : Vernand Eller hat ein Buch über die Moral von MAD geschrieben. Halten Sie seine Feststellung, daß Sie eine Moral an den Tag legen, die auf die Zehn Geboten fußt, für berechtigt ?

GAINES : Nein. Wir leugnen jeden Zusammenhang.

FUCHS : Und was halten Sie dann von Vernard Ellers Buch?

GAINES : Nun...äh...wie Sie wissen, ist über jeden Schatten eines Zweifels hinaus bewiesen, daß William Shakespeares Werke von jemand anderem geschrieben worden sind, und auf ziemlich ähnlicher Weise konnte Vernard Eller beweisen, daß MAD moralisch ist. Wenn man sich genügend Mühe gibt, kann man vermutlich so ziemlich alles beweisen.

FUCHS : Wie denken Sie denn darüber, daß MAD eine amerikanische, ja sogar eine internationale Institution geworden ist?

GAINES : Nun, ich kann nicht leugnen, daß wir darüb er alle sehr glücklich sind. Es hat Spaß gemacht, das mitzuerleben. Wir hatten das natürlich nicht so geplant. Wir wollten zunächst nur eine komische Zeitschrift machen und unseren Lebensunterhalt damit zu verdienen. Und wenn uns mehr als das gelungen ist, dann sind wir darüber nachgerade entzückt.

FUCHS : ist es schwierig, Themen für die MAD-Parodien zu finden ?

GAINES : Zum Glück ist das kein Problem für meine Redakteure und Texter, die unermüdlich vor Ideen überzuschäumen scheinen; Ich dachte einmal, das Ganze würde eines Tages ein Ende haben, aber das kommt nie. Zum Glück kommen die Menschen immer wieder auf neue Torheiten, so daß wir neue Themen zum herumspielen haben.

FUCHS : Um doch noch einmal auf Eller zurückzukommen. Gibt es eine Grundhaltung, die hinter der MAD-Arbeit steht ?

DICK DE BARTOLO : Wir legen es nicht darauf an, mit unseren Parodien irgend etwas zu beweisen. Aber gelegentlich ergibt sich das. So haben wir zum Beispiel eine Parodie über das Leben in der Natur gemacht, in der die Leute einen Naturschutzpark besuchten, in dem nur noch die abgebrannten Baumstümpfe zu besichtigen waren. Und dieser Betrag wurde in Amerika in den "Congressional Record" aufgenommen, als Beispiel dafür, wie man mit den Mitteln der Satire den Menschen gezeigt werden kann, was sie ihrer Umwelt antun. Gelegentlich hat also ein Betrag einen kleren Standpunkt, aber im allgemeinen versuchen wir nur, komisch und verrückt zu sein. Das bringt uns Geld und macht uns Spaß.

GAINES : Genau das hätte ich auch gesagt.

FUCHS : Ist doch schön, wenn sich Verleger und Texter so einig sind.

DE BARTOLO : Das schwierige an MAD ist, eine Bank zu finden, die den Honorarscheck einlöst. Das ist sehr schwierig, weil er ( Gaines ) die Bank "International Rust" benützt. ( Gaines lacht Tränen ), und diese Bank nur eine Zweigstelle in Tahiti hat. Man muß dort persönlich mit sechs Ausweißpapieren erscheinen. Also, das ist schon ein bißchen schwierig. Also, im Grunde genommen, macht mir das Texten keinerlei Mühe, nur kompliziert. ( Gaines lacht lauthals ).

FUCHS : ( Mit Blick auf Gaines ) : Haben Sie da jemand besonderen im Auge ?

DE BARTOLO : Da Sie ein Tonband mitlaufen lassen, wollen wir lieber keine Namen erwähnen, aber die Initialen seines Namens sind Bill Gaines.

FUCHS : Wie weit arbeiten Sie bei MAD vorraus?

DE BARTOLO : Im allgemeinen zwei Hefte, aber wir arbeiten gleichzeitig Themen für weitere Hefte bis zu einem halben Jahr im vorraus aus. Und der Verlag ist mit den Zahlungen rund zwei Jahren im Rückstand. ( Gaines lacht wieder Tränen ) .

FUCHS : Wann haben Sie für MAD zu arbeiten angefangen ?

DE BARTOLO : Letzten Freitag. Weil ich hörte, daß die Möglichkeit bestünde, dann gratis nach Deutschland zu kommen. - Ich arbeite für die Zeitschrift seit nunmehr 18 Jahren.

FUCHS : Mr. Clarke, Sie arbeiten auch schon ziemlich lange für MAD. Wann haben Sie angefangen?

BOB CLARKE : Kurz nach Dich De Bartolo, aber ohne Chance, ihn einzuholen. Es war glaube ich 1955.

FUCHS : Und haben Sie dann, abgesehen von den Anzeigen, die Sie nebenher gemacht haben, exclusiv für MAD gearbeitet?

CLARKE : Exklusiv für MAD zu arbeiten, kann sich niemand leisten. Man würde dabei verhungern. Nein, aber ich habe nebenbei wirklich ziemlich viel Werbung gemacht.

FUCHS : Hatten Sie eigentlich eine künstlerische Ausbildung ?

CLARKE : Jeder muß natürlich die handwerklichen Fertigkeiten seines Berufes lernen, aber ich habe sie nicht speziell auf einer Kunstschule gelernt. Ich hatte großes Glück : Als ich noch an der High School war, fing ich schon an, für Robert Ripleys Serie "Believe It Or Not" zu arbeiten. So bin ich zu meinem Beruf gekommen. In der Armee war ich Redakteur von "Stars & Stripes", dann ging ich zur Werbung und habe gearbeitet und gearbeitet, bis ich zu MAD stieß. Und jetzt arbeitete ich nicht mehr.

FUCHS : Was war Ihr komischstes Erlebnis mit MAD?

CLARKE : Ich glaube, das war an einem Dienstag vor drei Jahren. Ich erinnere mich noch genau daran, daß ich da gelacht habe. Aber ich weiß beim besten Willen nicht mehr warum.

FUCHS : Ist es nicht schwierig, sich tagaus tagein komische Situationen auszudenken?

CLARKE : Nö, ich tu ganz einfach, was mir der Texter sagt. Aber, im Vertrauen, ich ignoriere, was der Texter will, und dann entsteht etwas Komisches.

FUCHS : Machen Sie sich nicht manchmal Gedanken darüber, daß MAD weltweit eine Institution geworden ist?

CLARKE : Doch. Es erschreckt mich, weil es der Beweis dafür ist, daß die ganze Welt vor die Hunde geht.

FUCHS : Ihr Zeichenstil wirkt glatt und elegant. Sie zeigen Situationen auf, aber haben noch nie eine der Filmsatieren gemacht. Woran liegt das?

CLARKE : Nun, als erstes meint Al Feldstein, ich könne nicht karikieren, zweitens kann ich wirklich nicht karikieren und drittens mag ich keine Filmsatieren machen. Was ich mache, mache ich besser und anders als andere es könnten. Ich glaube, Frank Jacobs hat einmal gesagt, daß ich der Zeitschrift Klasse gebe. Was ich natürlich für eine Beleidigung gehalten habe, auf die hin ich ihm einen Schlag auf die Nase verpaßte.

FUCHS : Mr. Davis, sie sind einer der schnellsten Comic- und MAD-Zeichner, hat es einmal in Cartonnist Profiles geheißen.

JACK DAVIS : Nun, ich zeichne sehr viel, aber wenn Sie mal Sergio Aragones zusehen, der ist so schnell - das ist geradezu unglaublich.

FUCHS : Gut, aber das hängt auch mit seinem Zeichenstil zusammen. Ihre Zeichnungen sind aber doch etwas komplexer.

DAVIS : Ja, oder etwas detaillierter, vielleicht. Auf jeden Fall macht die Arbeit Spaß.

FUCHS : Und hat es vermutlich seit der Zeit getan, als Sie für E.C. Comics arbeiteten, aus denen schließlich MAD entstand. Sie sind somit einer derjenigen, die praktisch von Anfang an bei MAD waren.

DAVIS : Da waren Will Elder, Johnny Severin, Wally Wood und ich, in der Zeit als MAD noch ein Comic Book war.

FUCHS : Anfangs parodierte die Zeitschrift ja hauptsächlich andere Comics und Hörspielreihen...

DAVIS : ... "Lone Ranger", "Superman" und all diese Sachen...

FUCHS : Wieso kam dann eigentlich der Wechsel zu anderen Themen? Lag es nur daran, daß der Stoff für Comic-Parodien allmählich ausging?

DAVIS : Nun, wir brachten in den Staaten bei E.C. eine Menge Horror-Comics raus, und es gab eine Untersuchung von seitens der Bundesregierung, die diesen Heften ein Ende bereitete. Wir fragten uns da, was wir anderes als Comics machen könnten. Da es Micky Maus, Donald Duck und all das gab, dachten wir eher an eine Art College-Satirezeitschrift, eben MAD. Und das kam glänzend an. Die Änderung zum Zeitschriftenformat fiel ziemlich leicht. Das mußte glaube ich so gemacht werden, weil MAD die einzige Zeitschrift war, die damals Geld einbrachte. Mit ihrem neuen Format und dem Offsetdruckverfahren war die Zeitschrift am Kiosk einzigartig. Es gab einfach nichts Vergleichbares, so daß das wohl der eigentliche Anfang war. Als das erste neue Heft kam, sind wir gaube ich alle in die Druckerei gegangen und haben zugesehen, wie die Hefte aus der Druckpresse kamen.

FUCHS : Was hielten Sie davon, daß die Zeitschrift plötzlich schwarzweiß und nicht mehr in Farbe gedruckt wurde?

DAVIS : Das hat mir garnichts ausgemacht, denn schließlich habe ich ja in schwarzweiß gezeichnet und das Kolorit nie selbst angefertig. Wir machten da viel mit Feder, Tusche und dem Craftint-Spezialpapier. Wir zeichneten in etwa so wie Roy Crane bei "Buz Sawyer". Das war zwar etwas anders als vorher, aber es sah gut aus und war schon eine aufregende Sache. Besonders gefreut hat uns natürlich dann, alos die Zeitschrift, wie sie nun war, auch ankam.

FUCHS : Sie haben sich in den letzten Jahren in MAD etwas rar gemacht. Wieso?

DAVIS : MAD macht ungefähr ein Viertel meiner Arbeit aus, in der Hauptsache mache ich Werbung. Bei MAD bleibe ich weiter wegen der Reisen und weil es meiner Meinung nach ein gutes Aushängeschild, ein Vorzeigestück ist, das in den Staaten eine große Verbreitung hat.

FUCHS : Wie denken Sie darüber, daß MAD jetzt weltweit verbreitet ist und einen gewissen Einfluß ausübt?

DAVIS : Nun, ich glaube, es gibt viele Dinge an MAD, die vielen Leuten nicht gefallen, aber wenn man es genau betrachtet, ist die Zeitschrift doch sehr moralisch : Sie ist gegen Drogen, Nikotin, Alkohol. Sicher, einige Themen sind ziemlich gewagt, aber bei MAD macht man sich ja über alle Welt lustig.

FUCHS : Haben Sie eigentlich die Horrorgeschichten zu E.C.-Zeiten gerne gemacht, zum Beispiel die Geschichten mit dem Baseballspieler, die Wertham in "Seduction Of The Innocent" angeführt hat?

DAVIS : Die war ja grauenhaft. Die war wirklich schlimm, aber ich war damals jung und hungrig, und von irgendwas mußte man ja leben; aber ich hätte die Geschichte ungern ein zweites Mal gemacht. Aber gezeichnet habe ich sie, und ich habe mir deshalb keine Gedanken gemacht.

FUCHS : Aber selbst diese grimmigen kleinen Geschichten hatten doch ihre Moral.

DAVIS : Ja, Der Habgierige bekam am Schluß immer sein Fett ab und die Bösen bekamen die gerechte Strafe für ihre Taten, jedenfalls habe ich es so in Erinnerung.

FUCHS : Nach der Einführung von MAD haben Sie auch noch für andere Comic-Firmen gezeichnet, zum Beispiel für "Marvel", "Rawhide Kid" und ähnliches.

DAVIS : Also, ich wüßte jetzt nicht, ob das war, nachdem ich MAD verlassen hatte, oder ob es nebenbei war. Aber es könnte schon auch neben der MAD-Arbeit gewesen sein. Doch das waren Dinge, die keinen Interessenkonflikt verursachten. Da Bill keine anderen Comics mehr produzierte, ließ er uns auch für andere Firmen zeichnen, wenn sich keine direkte Konkurrenzsituation zu MAD ergab. Ja, und dann gab es eben auch eine Zeit, in der ich nicht bei MAD war, und eine Menge Sachen produzierte.

FUCHS : Ihre "Rawhide Kid"- Geschichten sahen immer ein wenig wie Parodien aus und haben mir deshalb meist recht gut gefallen.

DAVIS : Sie hätten manchmal besser sein können. Aber wenn man sehr, sehr schnell arbeitet, entsteht manchmal nicht gerade die beste Arbeit, während manchmal das resultat dann sehr locker, gelöst und schön aussieht.

FUCHS : Und wie war das mit den "Yak Yak" - Heften, die Sie für Dell machten? Waren die eine Art Konnkurrenz für MAD?

DAVIS : Nein. Das war nach meiner MAD-Zeit. Ich schrieb diese Comic-Hefte selbst, und zwar zu einer Zeit, als MAD schon längst im Zeitschriftenformat erschien. Es gab nur zwei Hefte, die aber nicht gut ankamen. Ich bin eben kein Texter, sondern ein Zeichner.

FUCHS : Haben Sie da eigentlich für diese ganze Sportgeschichten Recherchen angestellt?

DAVIS : Nein. Ich liebe Sport. Ich kenne mich bei der Sportausrüstung recht gut aus, da ich Football und Basketball ziemlich nahe stehe und auch selbst Basketball gespielt habe. Das fällt mir also alles recht leicht. Bei anderen Dingen brauche ich die Recherchen nicht selbst zu machen, weil die Werbeagenturen die entsprechenden Vorlagen selbst liefern. Und bei Illustrationen für "Time" ( bisher ca. 36 Cover-Illustrationen ) gibt es ohnehin keinerlei Probleme, denn die haben im Archiv praktisch jeden Kopf und alles, was man nur irgendwie braucht. Aber bei denen muß auch immer sehr schnell gearbeitet werden.

FUCHS : Wenn man sich Ihre Arbeit ansieht, bekommt man den Eindruck, daß sie Ihren selbst Spaß machen muß.

DAVIS : Nun, icvh habe ein nettes Studio, ich mache meine Arbeit gerne, und ich kann zu Hause arbeiten. Ich fange mach dem Frühstück an und arbeite bis das Telefon läutet. Das geht ganz entspannt vor sich.

FUCHS : Hatten Sie eine spezielle Kunstausbildung?

DAVIS : Als ich aus der Marine kam, ging ich drei Jahre lang an der Universität of Georgia und nahm Kunstunterricht, dann ging ich an die Arts Students League nach New York und studierte dort ein halbes Jahr, bis ich Bill ( Gaines ) traf und bei E.C. mitarbeitete. Ich muß aber sagen, daß mir die humoristischen Sachen immer mehr gelegen haben. Ich habe schon seit dem Kindergarten und der Grundschule komische Bilder gezeichnet, weil ich die Leute gern zum Lachen bringe.

FUCHS : Al Jaffee, ist es eigentlich schwierig, sich die "törichten Antworten auf törichte Fragen" auszudenken?

AL JAFFEE : Überhaupt nicht. Ich höre mir jeden x-beliebigen Tag die Fragen an, die man mir stellt.

FUCHS : Sie sich einer derjenigen, die für MAD zugleich schreiben und zeichnen. Liegen Ihnen beide Tätigkeiten gleich oder ziehen Sie eine der anderen vor?

JAFFEE : Ich tu beides gern, weil ich mich leicht langweile.Wenn ich mich beim Schrieben langweile, zeichne ich einfach, und wenn ich mich beim zeichnen langweile, fange ich an zu schreiben. So habe ich meine Abwechselung.

FUCHS : Wie kamen Sie eigentlich auf die Idee mit dem Faltblatt?

JAFFEE : Vor einigen Jahren war es bei den großen amerikanischen Illustrierten Mode geworden, Ausklappbilder zu bringen, so daß man plötzlich riesige Bilder ansehen konnte, die über drei, vier, fünf Seiten gingen. MAD hingegen ist sehr billig, folglich haben wir statt der Ausklapptafeln die Einklappseite gemacht.

FUCHS : War es nicht auch eine Parodie auf den "Playboy"?

JAFFEE : Das Original war eine Parodie auf das Playmate des "Playboy" und auf "Life", die Illustrierte mit den gigantischen Ausklapptafeln über prähistorische Zeiten und Dinosaurier usw. Die erste Einklapptafel machte ich über Elizabeth Taylor und Richard Burton, und dabei sollte es dann auch schon bleiben. Aber da sich die Seite als populär erwies, haben wir eine weitere versucht, und noch eine und noch eine. Und so machen wir sie jetzt seit 16 oder 17 Jahren. Und eines Tages mache ich auch eine Einklapptafel von diesem Gentlemen ( Gaines ), was aber sehr schwierig sein wird, weil er zuviel Wurscht gegessen hat.

FUCHS : Ist es eigentlich schwierig, tagein tagaus Humor zu produzieren?

JAFFEE : Für mich nicht. Es kommt natürlich darauf an, an welcher Art von Humor man interessiert ist. Meine Art Humor fällt leicht, weil das wahre Leben so lächerlich ist, daß man sich bloß umzuschauen braucht, um etwas Törichtes zu entdecken, das die Leute obendrein noch ernst nehmen.

FUCHS : Muß man Pessimist sein, um Humorist zu sein?

JAFFEE : Man muß kein Pessimist sein, man braucht nur eine gesunde Portion Zynismus.

FUCHS : Ist MAD als Befürworter des Zynismus nicht destruktiv?

JAFFEE : Nein. Ich glaube MAD wirkt zuvörderst provozierend, da es sich über bestimmte etablierte Ideen lustig macht, das Augenmerk des Lesers auf bestimmte Ideen lenkt. Und wenn man sich manche Dinge genauer betrachtet, stellt man eben fest, daß sie nicht sind, was sie scheinen wollen.

FUCHS : Was halten Sie davon, daß MAD durch seine weltweite Verbreitung weltweit Einfluß ausüben kann?

JAFFEE : Ich glaube nicht, daß wir irgendwen beeinflussen. MAD wirft nur Schlaglichter auf bereits vorhandene Dinge und ist´dabei bemüht, sie in ein Lachen umzumünzen. Es ist zwar glaube ich schon vorgekommen, daß Humor ein Establishment gestürzt hat, aber ich halte Humor nicht für etwas sonderlich Gefährliches.

FUCHS : Mit "Einfluß nehmen" wollte ich eigentlich nicht sagen, daß es eine Gefahr sei. Mir ging es eher darum, wie sie zu dieser großen Leserzahl stehen, bzw. ob Sie versuchen mit der Zeitschrift MAD diese Welt auch ein bißchen zu verbessern.

JAFFEE : Nun, der Standpunkt von MAD, wie ich ihn aus jeder Redaktionkonferenz kenne, ist, die Zeitschrift darf nicht obzön sein, nicht unfair oder anstößig, und muß dem entsprechen, was wir für einigermaßen guten Geschmack halten. Sich über Politiker zu belustigen, das ist eine uralte Sache. Sich über Leute zu mokieren, die vorgeben, sie wüßten genau, was für den anderen gut ist, und mit dem Finger auf sie zu zeigen und zu fragen, wissen die wirklich soviel mehr, oder weiß der andere nicht doch selbst besser, was gut für ihn ist, das hat im Grund natürlich den Zweck, zum Nachdenken anzuregen : Man kann die Situation auch anders sehen. Wir machen das auf eine komische, überdrehte Weise und zum Spaß. Aber manche Leute könnten da durchaus eine ernste Botschaft hineininterpretieren, etwa, daß wir sagen, einige der Anzeigen, die ihr seht, sagen euch nicht unbedingt die Wahrheit, sondern nur das, was gesagt werden soll, um eine Ware zu verkaufen, während vielleicht ein anderes Produkt genausogut ist. Aber warum soll man sich diesen Spaß nicht machen.

FUCHS : Ist dieser Fingerzeig MADs nicht einer der Gründe dafür, daß die Zeitschrift eine amerikanische Institution geworden ist?

JAFFEE : Ja, MAD entstand in einer sehr bedeutenden Periode der amerikanischen Geschichte, nämlich in der MacCarthy-Ära. Ich weiß nicht, ob diese Zeit vor rund 28 Jahren noch so sehr viele Leute im Gedächnis ist. Aber nach dem Krieg erlebte Amerika einen Rechtsruck, und es gab in den USA einen gewissen Grad politischer Hysterie. MAD entstand in dieser Zeit. Und manche Dinge entstehen eben einfach, weil sie gebraucht werden. Dinge, die von Dauer sind und einen gewichtigen Eindruck hinterlassen. Und MAD hatte 28 Jahre Bestand, weil es im richtigen Augenblick entstanden ist. Als wir uns in Amerika in eine wahnsinnige Zeit hineinbewegten, griff MAD alles spielerisch auf. Wir waren nicht politisch. MAD war weder in der Anfangszeit noch ist es heute ein politisches Pamphlet, es ist einfach satirisch. Die Satire von MAD befaßt sich mit allem, was wir bei Fernsehen, Werbung, Unterricht und einfach überall für töricht halten. Aber als MAD entstand, gab es in den USA ein gewisses Maß an politischer Unterdrückung und viele Leute suchten in dieser lastenden Atmosphäre etwas Befreiendes. Und ich glaube, daß MAD damals der große Erfolg wurde, weil diese Atmosphäre herrschte.

FUCHS : Wie kamen Sie eigentlich zu MAD? Haben Sie sich darum beworben oder hat man Sie dazugeholt?

JAFFEE : Ich wurde zur Mitarbeit eingeladen. Einige der Dinge, die ich vor MAD gemacht hatte, waren sehr MAD-ähnlich. Das war der Redaktion aufgefallen, ich wurde angerufen und fing an, für MAD zu arbeiten. Und ich arbeite gern für MAD. Ich halte meine Arbeit bei MAD für eine Beschäftigung, von der ich träumte, seit ich drei Jahre alt war.

FUCHS : Mr. Torres, Sie haben Comics gezeichnet, bevor Sie für MAD zu zeichnen anfingen, und Sie haben dabei mit Al Williamson zusammengearbeitet. Welche Tätigkeit macht Ihnen mehr Spaß?

ANGELO TORRES : Oh, ich mache diese Arbeit sehr gerne. Ich habe dabei viel Freiheit und die Redaktion gefällt, was ich mache. Ich bin also sehr zufrieden damit. Es machte aber auch Spaß, mit Al zusammenzuarbeiten.

FUCHS : Weshalb machte Mort Drucker allmählich immer weniger Filmsatiren?

TORRES : Er bekam wohl viel andere Angebote aufgrund seiner Arbeit in MAD, so daß er nicht mehr für jedes Heft zwei Geschichten machen konnte, und ich geholt wurde, um die Fernsehsatiren zu zeichnen.

FUCHS : Ist das Karikieren schwieriger als eine geradlinige realistische Geschichte zu machen?

TORRES : Wenn man genügend Vorlagen und Bilder hat, ist das garnicht so schlimm. Man sieht sich den Film an, nimmt sich die zur Verfügung stehenden Bilder und arbeitet dann nach Script und Layout.

FUCHS : Sie haben ja auch für die alten E.C. Comics gearbeitet

TORRES : Ja, ich habe da eine Menge Geschichten mit Al Williamson gezeichnet und eine ganz allein, kurz bevor sie eingestellt wurden. Das hat nur richtiggehend das Herz zerrissen, weil ich damals für Bill ( Gaines ) arbeiten wollte. Stattdessen habe ich dann für Stan Lee gearbeitet, und das war ja auch nicht übel.

FUCHS : Wie dachten Sie eigentlich über die alten E.C. Comics?

TORRES : Ich war ein großer E.C.-Fan und war höchst erfreut, für Bill arbeiten zu dürfen. Das gab einen nämlich die Gelegenheit, mit den besten Comic-Zeichnern der Welt zusammenzukommen. Mit Jack Davis, Al Williamson, Wally Wood usw. Wir waren alle sehr gute Freunde. Damals gab es eine kleine Clique bestehend aus Nick Meglin, Frank Frazetta, Al Williamson und mir. Wir haben zusammen Ball gespielt und einiges gemeinsam unternommen. Wir hatten nicht nur das Zeichnen gemeinsam. Wir gingen praktisch jedes Wochenende zu Frank Frazetta und spielten Baseball, redeten dabei aber kaum übers Zeichnen. Das kam nur manchmal am Abend aufs Tapet.

FUCHS : Machten Sie sich wegen der Gruselgeschichten irgendwelche Gedanken?

TORRES : Eigentlich nicht. Einiges hat uns da nicht gefallen, aber wir haben das akzeptiert, weil es Comic-Geschichten waren. Aber die Filme von heute haben uns längst überholt und sind meist zehnmal schlimmer als alles, was ich damals gesehen habe. Blutige Geschichten habe ich nie sonderlich gern gezeichnet. Mir hat eher das humoristische Element zugesagt. Aber abgesehen von den Themen der E.C.-Hefte - die Zeichnungen waren halt einfach phantastisch. Als Künstler waren wir sehr mit der Arbeit unserer Kollegen involviert. Wir hatten George Evans, Reed Crandall, Williamson, Wood, Davis, die besten Zeichner von damals und heute. Allein schon ihnen bei der Arbeit zuzusehen machte Vergnügen. Damals war ich ja vor allem ein Fan von E.C. und half Al Williamson, außerdem schaute ich im Büro vorbei, nur um mir die phantasischen Originalzeichnungen anzusehen. Das hat mir viel bei meiner zeichnerischen Entwicklung geholfen.

FUCHS : Sie und die meisten E.C. Zeichner hatten ja auch in den realistischen Comics einen leicht humoristischen Einschlag, vielleicht machte das den Umgang zur Parodie leichter.

TORRES : Wir mochten alle Billy Elders Arbeiten und was Krutzman machte, natürlich. Aber Frazetta, Wood und auch Serverin, sie alle hatten das Gefühl für Parodie.

FUCHS : John Severin arbeitet ja heute für die Konkurrenz.

TORRES : Ich habe bei der Konkurrenz, bei "Cracked" angefangen, dann für "Snick" gearbeitet und schliesslich bessere Arbeit bei der größten Zeitschrift bekommen, indem ich zu MAD ging, wo schon Freunde arbeiteten. Nick ( George ) Woodbridge und ich gingen gemeinsam zur Schule. Wir sind also alte Freunde, und es ist ganz nett zusammen zu arbeiten.

FUCHS : Wie stehen Sie dazu, daß MAD mit seiner riesigen Verbreitung weltweit gelesen wird?

TORRES : Diese Tatsache macht immenses Vergnügen. Es ist einfach großartig, wenn man in alle Welt reist und dann die Fans auf einen zukommen.

FUCHS : Das ist jua eine positiven Seiten an MAD, die alljährliche Reise für die Mitarbeiter.

TORRES : Genau. Und besonders die Reise nach Deutschland hat allen sehr gefallen.

FUCHS : Mr. Berg, Sie waren glaube ich nicht von Anfang bei MAD.

DAVE BERG : Ja und Nein. Man hat mich gebeten. Als die Zeitschrift begann, war ich in dem berühmten Studio von Harvey Krutzman und er ersuchte mich, mitzumachen. Aber ich war da für Stan Lee beschäftigt und wollte das nicht aufgeben. Aber dann sah ich, daß die Sache lief und ankam, und ich habe dann ungefähr drei Jahre später bei MAD angefangen. Das war etwa 1955 oder 1956. Ich bin also rund 25 Jahre dabei.

FUCHS : Wie bekommen Sie Ihre Ideen?

BERG : Ich stehle sie! Ich nehme sie von den Leuten, denen ich begegne und von mir selbst. In einem Beitrag kamen zum Beispiel zwei Tanten vor, die jahrelang nicht mehr miteinander redeten, obwohl sie schon längst vergessen hatten, weshalb sie sich verkracht hatten. Das beruht auf einem wahren Ereignis. Wenn ich selbst in meinen Beiträgen auftauche, ist das etwas anderes. Ich zeige damit den Lesern, was da passiert, ist doch dumm. Und ich bin nicht besser als die Leser. Ich schaue nicht auf die Leser herab und sage, ihr seid alle Idioten. Ich bin auch einer.

FUCHS : Das ist wohl auch einer der Erfolgsgründe von MAD: Daß sich die Zeitschrift selbst nie ernst nimmt.

BERG : Absolut. Nimm dich nie ernst. Lach über dich selbst. Wer nicht über sich selber lacht, gerät meiner Ansicht nach irgendwann in Schwierigkeiten. Auch Nationen, die nicht über sich selber lachen können, kommen in Schwierigkeiten. Stimmt´s?

FUCHS : Hmm. Möglich. Es hieß ja auch immer von den Deutschen, daß Sie keine Witze über sich vertrügen.

BERG : Das hat er gesagt. Das hat er gesagt. Ihr seid meine Zeugen. Sehen Sie, ich bin Gast in diesem Land und hüte meine Zunge.

FUCHS : Nun ja, vielleicht hat sich darum ja etwas geändert, denn immerhin ist MAD ja auch hierzulande ein Erfolg geworden. Vielleicht haben die "Deutschen" also auch einen Sinn für Humor, den sie sich nur nicht anmerken wollen.

BERG : Okay. Sie sagen es.

FUCHS : Gut, aber ehe ich hier anfange, mich selbst zu interviewen : Was haben Sie vor MAD gemacht. Sie haben ja zum Beispiel für "Dell" auch "Kit Karter" gezeichnet.

BERG : Woher zum Teufel wissen Sie denn das ? Ich hatte vor MAD eine gute Karriere in den Comics. Ich war immer bei den besten. Ich fing bei Will Eisner an, arbeitete für Stan Lee, machte eine Zeitlang "Archie" und "Shazam" ( "Captain Marvel" ) Und neben diesen großen Sachen gab es eine Menge kleinere, wie die von Ihnen erwähnte, die jedoch nicht sehr berühmt wurde. Sie gilt aber meines Wissens als ein gesuchtes Sammelstück. Was ich 1940/41 machte und damals für 10 Cent verkauft wurde, kostet heute Tausende von Dollars. Oder Hunderte. Ich kenne die Sammlerpreise nicht so genau.

FUCHS : Nun, Zeichnungen von Dave Berg sind eben gesucht.

BERG : Danke. Aber bei mir ist es komischerweise so, daß mir das Schreiben eher Erfolg gebracht hat. Und oft genug ist es doch so, daß die Resultate, wenn einer zugleich schreiben und zeichnen kann, besser werden. Man denke nur an Will Eisner. Meine erste Arbeit für ihn war es, die von ihm angefangenen Hauptzeichnungen zu ergänzen und fertigzustellen. Dann gab er mir "Death Patrol" in dem Heft "Millitary Comics". Die Serie habe ich ungefähr ein Jahr lang gemacht, bis Amerika am Krieg teilnahm. Dann wurden wir alle eingezogen.

FUCHS : Sie haben also mit realistischen Comics angefangen und sind dann mehr und mehr in den Humorbereich übergewechselt. Welcher der Bereich ist schwieriger?

BERG : Realistischer zu zeichnen ist schwieriger. Aber was den Erfolg angeht, da wollen doch mehr Leute lachen. Da ich aber eine humoristische Ader habe, wollte ich die auch immer zeigen. Da ich flexibel bin, läßt man mich, wie man nachsehen kann, bei MAD meinen Zeichenstil periodisch etwas ändern, und diese Abwechslung bekommt mir recht gut. Einige meiner Freunde, die ebensolange oder länger "Archie" im ewig gleichen Stil zeichnen müssen : können sie sich vorstellen, wie gelangweilt die dabei sind? Ich muß vielleicht härter arbeiten als sie, aber dafür ist mein Leben auch interessant.

FUCHS : Machen Sie neben MAD noch andere Arbeiten?

BERG : Im Augenblick nicht. ich habe fünf Jahre lang an Universitäten Vorlesungen gehalten. Das war zwar spannend, kollidierte aber auf Dauer mit meiner Arbeit, weil ich pro Jahr eine bestimmte Anzahl von Seiten machen muß.Alle sechs Wochen ein MAD und dann noch die Bücher. Anfangs ging sogar noch Gaines, der Verleger, mit zu den Vorlesungen. Das alles fing damit an, daß ich für 30 College-Studenten einen Vortrag halten sollte - und als ich hinkam, waren 3000 da. Und da Gaines dabei war, zog ich ihn bei technischen Fragen, von denen ich nichts verstand, zu mir auf Podium. Und das schien ihm Spaß zu machen. Er kam mit, wann immer er konnte. Aber nach fünf Jahren mußte ich aufhören. Wissen Sie, ich war ja im Krieg und mußte auf so einer Insel landen. Das machte schon einige Angst. Aber viel erschreckender ist es, sich vor ein Publikum zu stellen und einen Vortrag zu halten.

FUCHS : Erschreckt es Sie denn nicht auch, daß man ihre Beiträge in aller Welt liest und davon beeinflußt wird?

BERG : Darüber denke ich oft nach. Insbesondere in den sechziger Jahren baute ich ja ernsthafte kleine Botschaften mit ein. Ich dachte mir immer, die lesen das alles und halten sich an meinen Worten fest. Du darfst keinen Fehler machen. Es ist schon eine gewaltige Verantwortung. Ich lasse mich davon nicht neurotisch machen, aber Humor zu produzieren ist schon eine ernsthafte Sache. Bei den Redaktionskonferenzen wird wirklich nur selten gelacht.

FUCHS : Mr. Martin, Sie sind wegen Ihres charakteristischen Zeichenstil eine der bekanntesten Persönlichkeiten von MAD. Wie kamen Sie eigentlich auf die abgewinkelten Füße?

DON MARTIN : Ich wollte halt komisch sein. Das ist alles. Deshalb sehen die Gesichter aus, wie sie aussehen, oder die Füße. Ich wollte die Leser nur zum Lachen bringen. Außerdem habe ich doch ein ziemlich langes Gesicht und mein großer Zeh steht auch ab. Ehrlich.

FUCHS : Wie kommen Sie auf die Ideen für die manchmal doch extremen Situationen, die Sie zeigen?

MARTIN : Das ist schwere Arbeit. In den letzten Jahren habe ich mir dabei von einigen Ideenlieferanten helfen lassen, aber ich werde wieder meine eigenen Geschichten schreiben, weil mir die viel besser gefallen.

FUCHS : Wissen Sie, wieviele Seiten Sie pro Jahr zeichnen?

MARTIN : Vielleicht 30, 35.

FUCHS : Und arbeiten Sie auch für andere Auftraggeber?

MARTIN : Manchmal. Etwas Reklame.

FUCHS : Sie waren nicht von Anfang an bei MAD

MARTIN : Von 1956 oder 57 an, während MAD so um 51 anfing. Davor habe ich in New York Graphik gemacht, Layouts, Plattenhüllen, Zeitschriftenillustrationen und kleine Anzeigen. Ich hatte eine Ausbildung für Graphik und für schöne Künste und wollte Maler werden.

FUCHS : Und wie kamen Sie zum Humor ?

MARTIN : Ich mußte Geld verdienen. Ich habe aber auch schon als Kind Witzbilder gezeichnet. Es ist mir allerdings immer schwergefallen, Ideen zu finden, und es wird immer schwerer. Bei den Witzzeichnungen lasse ich mich gehen. Ich bin eigentlich ein sehr gehemmter Mensch, so daß es einiger Mühe bedarf, diese Hemmschwelle für meine Geschichten zu überwinden. Manchmal ist für mich dann allerdings schwer zu verstehen, daß meine Sachen den Leuten gefallen.

FUCHS : Mr. Aragones, Sie waren ja bekanntlich nicht von Anfang an bei MAD, Ihre Marginalien sind aber doch schon ziemlich lange in der Zeitschrift

SERGIO ARAGONES : Nun, ich bin Anfang 1962 aus Mexiko in die Vereinigten Staaten gekommen. Bevor ich zu MAD ging, hatte ich mich bei anderen Zeitschriften beworben. Als ich zu MAD ging hatte ich einige Witze zum Thema Astronauten dabei, die der Redaktion gefielen, so daß daraus ein Artikel gemacht wurde. Ich dachte mir, wenn ich regelmässig bei MAD bleiben wollte, bei einer Zeitschrift, die ich von Anfang an gemocht hatte, und deren Fan ich gewesen war, als ich in Mexiko lebte, müßte ich ein bestimmtes Feature haben. Ich dachte mir, die Marginalien, die Anfangs ja eine Art Sinnsprünge waren, deren Sinn ich bloß nie verstand, sollten gezeichnet sein. Ich fand, die Marginalien sollten etwas sein, das man verstehen kann. Also mußte ich einige im Verhältnis 1:1 zeichnen und in ein Heft einkleben, um zu zeigen, daß es geht. Die Redaktion meinte zwar, es wäre wohl sehr schwierig, Witze ohne Worte über längere Zeit zu machen. Man meinte, ich solle es halt ein paar Hefte lang versuchen, dann würde man weitersehen. Uns so habe ich sie halt seit 1962 gemacht, ohne je ein Heft auszulassen.

FUCHS : Und sie haben seither ja auch eine Reihe Bücher gezeichnet.

ARAGONES : Ja, als erstes erschien 1968 "Viva MAD". Seither sind acht Bücher erschienen, von denen zwei gerade in Druck gehen. Eines davon ist eine Sammlung der Marginalien und kommt bals auf den Markt.

FUCHS : Wird es auch Sammelbände von Ihren Artikeln wie "Who Knowswhat Evil Lurks In The Shadow?" geben?

ARAGONES : Eines, "Sergio Aragones On Parade", ist bereite als großformatiges Softback erschienen und glücklicherweise komplett ausverkauft worden. Ich habe selbst noch ungefähr zwei davon, weil ich ganz vergaß mir einige zu kaufen.

FUCHS : Wer kam auf die Idee mit dem verräterischen Schatten, die ja vom Titel her eine Anspielung auf eine alte amerikanische Rundfunksendung sind?

ARAGONES : Nun, ich kam mit einem Artikel an, in dem die Schatten die unterbewußten Wünsche der gezeigten Personen verrieten, und man überlegte sich in der Redaktion einige Zeit, welchen Titel man der Geschichte geben könnte, und fand schließlich, daß das Motto der Rundfunkserie ganz gut dazu paßte, und damit war dann der Tiel geboren.

FUCHS : Sie arbeiten ja wohl sehr schnell

ARAGONES : Ja. Sehr schnell. Als ich noch in Mexiko war und Architektur studierte, hatten wir nicht das nötige Geld und die Einrichtungen für eine gedruckte Zeitung, also machte ich eine Wandzeichnung. Ich wartete jeden Morgen vor dem Unterricht darauf, daß man vorbeikam und mir dasneuste berichtete, so daß ich es in Zeichnung umsetzen konnte. Ich mußte also lernen, schnell zu zeichnen, wenn ich meine zwei Seiten füllen wollte. Und das habe ich auch gelernt.

FUCHS : Sie wollten also ursprünglich Architekt werden?

ARAGONES : Nein. Meine Familie wollte, daß ich Architekt werde. In Mexiko ist es, wie in vielen europäischen Ländern, wichtig, daß der Sohn einer Familie einen Titel erwirbt. Esist für Eltern manchmal doch sehr schwierig, wenn ein kind dann Künstler wird.

FUCHS : Komischerweise ist es ja so, daß viele Architekten auch gute Cartoonisten sind.

ARAGONES : Stimmt. Steinberg und viele andere. Allerdings ist es nicht so, daß Architekten gute Cartoonisten sind, sondern daß viele Cartoonisten Architekturunterricht gehabt haben. Das geht dann so vor sich, daß man als Kind schon immer gern gezeichnet hat, und wenn man dann aufs College kommt, sucht man sich für die Karriere natürlich nicht gerade Medizin aus, weil die nicht mit der Kunst verwandt sind. Architektur kommt dem am nächsten, mit ihrem Unterricht in Kunstgeschichte, Perspektive u.s.w. Man lernt da ein kunstverwandtes Konzept kennen. Architektur ist also ein ganz gutes Sprungbrett für einen angehenden Karikaturisten.

FUCHS : Sind Ihre Geschichten immer auch auf eigene Ideen gegründet oder arbeiten Sie mit Ideenlieferanten zusammen?

ARAGONES : Nein. Ich verkaufe im Gegenteil anderen Zeichnern Geschichten. Im großen und ganzen habe ich nur für so zwei Beiträge mit einem Texter zusammengearbeitet, wobei ich dann eben nur der Illustrator war. Aber im allgemeinen arbeite ich nach meinen eigenen Ideen.

FUCHS : Machen Sie auch Arbeiten, die nicht für MAD sind?

ARAGONES : Nur Fernsehen. Da mische ich schon seit einigen Jahren ein wenig mit. Zum Beispiel bei einem "Shirley MacLaine Special" oder bei "It`s A Wacky World". Ich mache bei der neuen "Laugh-In"-Shows mit, habe an sechs Specials des Musikers Jim Stafford mitgewirkt und unlängst 13 Folgen "Speak Up America" für NBC fertiggestellt. Mit Cartoons. Aber nicht mit Trickfilmen, sondern auf der Bühne als Schauspieler und Karikaturist, d.h. ich mache eigentlich keine Karikaturen, sondern Cartoons. Und da kommt mir natürlich meine Geschwindigkeit auch zugute.

FUCHS : Sie haben auch einige Geschichten für DC-Comics gemacht, die ja mit E.C. Comics eng verbunden sind.

ARAGONES : Ja. Das kam so. Ich war 1966 in Europa, und als ich zurückkam, traf ich Joe Orlando, der früher auch für MAD gezeichnet hatte. Er war da einer der Redakteure bei DC - Comics - die Firma hieß damals noch "National Periodicals" -, und ich schaute eigentlich nur mal vorbei, um Guten Tag zu sagen. Und er hatte einige Sorgen, weil er Scripts brauchte, auf die ein Zeichner bereits wartete. Ich sagte ihm, er solle essen gehen, ich würde ihm in der Zwischenzeit eine Geschichte schreiben. Der Titel der Zeitschrift war "Yound Romances". Er kam eine Stunde später zurück und hatte ihm zwei Geschichten in groben Zügenaufgeschrieben. Ich habe also bei DC als Autor angefangen. Ich schrieb zum Beispiel "Jerry Lewis", "Blinky´s Friende", "Stanley And His Monster" und schuf die Figur des "Bat Lash". Ich schrieb die Geschichten, die Nick Cardy zeichnete. Dann arbeitete ich auch für die "Mystery"-Titel. Als dann "Plop" kam, erwies es sich für die Zulieferung von Beiträgen als recht schwierig, daß ich in Kalifornien wohnte. Außerdem hatte ich sehr viel für MAD und meine Bücher zu tun. Aber, ich mag Comics, und habe jetzt wieder einige Figuren geschaffen, die ich selbst herrausbringen möchte - in Comic Book-Form.

FUCHS : Haben Sie dafür einen Verleger ins Auge gefasst?

ARAGONES : Ja. Mich. In USA ist es gegenwärtig so, daß Firmen wie Marvel oder DC alle Rechte behalten, so daß Autor und Zeichner praktisch kein Geld bekommen, oder die Verantwortung für ihr Produkt. Sie haben also nicht das Recht, ihre eigenen figuren kommenziell auszuwerten oder ins Ausland zu verkaufen. Marvel und DC behalten alles für sich. Augenblicklich haben sie eine Vertrag, einen Copyright-Vertrag, mit einer "Auftragsarbeits-Klausel", die bei den Künstler die Daumenschrauben etwas fester anzieht. Die Vorlagen, die man ihnen gibt, gehören ihnen als den "Schöpfern" während die Zeichner wieder vergleichsweise wenig bekommen. Sie werden abgespeist und bekommen nicht den wahren Gegenwert für ihre Arbeit, auch wenn sie für Lizenzausgaben noch ein paar Prozent zugelegt bekommen. Das ist ziemlich unfair und anders als in Europa, wo der Zeichner am Copyright beteiligt ist. Zum Beispiel in Frankreich. Und deshalb arbeiten in den USA heute viele Zeichner nicht mehr für die großen Firmen, sondern haben angefangen, ihre Arbeiten in kleineren Auflagen herrauszubringen. Viele davon nennen sich Underground-Zeichner, aber es sind auch viele Overground-Zeichner darunter, die ganz einfach mehr vom Kuchen abhaben wollen, wie man so schön sagt. Und, ja, ich möchte meine eigenen geschichten auch selber herrausbringen.

FUCHS : Wie Neal Adams ?

ARAGONES : Nun , Neal Adams ist sehr mit seiner Werbeagentur beschäftigt, und hat viele Comic-Arbeiten schießen lassen. Er würde nie einen Auftragsarbeits-Vertrag unterzeichnen. Folglich hat er auch kaum noch für die Comics gearbeitet. Und auch Jack Kirby täte das nicht. Oder ich. Oder viele andere. Aber die Mehrzahl der Zeichner ist für ihren Lebensunterhalt auf diese Arbeit angewiesen und muß deshalb unterschreiben.

FUCHS : Die Situation bei den Comic-Zeichnern ist also - in eigenen Aspekten - der der Schauspieler vergleichbar, die das Fernsehen bestreiken, weil aus den Video-Auswertungsrechten auch für sie etwas herrausschauen soll.

ARAGONES : Ja. Im Grunde genommen geht es darum, daß der Urheber adäquat für seine Leistung entlornt wird. Und wahrscheinlich fangen nach den Schauspielern die Autoren wieder zu streiken an. Ich bin ja übrigens - als Cartoonist - Mitglied der Fernsehautoren- und der Schauspielergewerkschaft.

FUCHS : Unterscheidet sich die Situation bei MAD von der etwa bei Marvel ?

ARAGONES : Die Situation dort ist wie in einer großen Familie. ich habe so viele Jahre für Bill ( Gaines ) gearbeitet, seine Preise sind sehr fair, so daß er mir fast wie mein Vater vorkommt. Er war der erste Mann, für den ich gearbeitet habe. Natürlich könnten da noch einige Prämien drin sein, aber die brauche ich eigentlich nicht, in meinem speziellen Fall. Ich finde nur - persönlich - etwas unfair, daß er alle Originalzeichnungen behält. Aber er bezahlt sehr gut, wir werden von allen am besten bezahlt, und wie erhalten Tantiemen für die Nachdrucke. Also insgesamt können wir nicht klagen, weil wir sehr fair behandelt werden und alles wie ein Familienbetrieb funktioniert. Ich liebe MAD und ich liebe Bill Gaines. Er ist wie ein Bruder und ein großartiger Mensch.

FUCHS : Ist es eigentlich schwer, sich für Ihre Arbeit komische Situationen auszudenken?

ARAGONES : Nnnicht wirklich. Ich mache das jetzt schon seit so vielen Jahren, daß das wie eine Handbewegung ist, oder als würde cih mich in die Nase kneifen. Ich benütze meinen Geist wie meinen Geist wie meinen Arm oder meinem Fuß oder meinen Schuh

JACK DAVIS : Disnopulozesifuloumcrasemisesisusniaerist ein Lügner

ARAGONES : Oh, Jack! Aber ernsthaft, es kommt ganz natürlich. Ich brauche mir darüber keine Sorgen zu machen. Es ist wie angeboren.

FUCHS : Muß man komisch sein, um witzig zu sein, oder sind Sie eher ein ernsthafter Mensch ?

ARAGONES : Weder-noch. Die meisten Cartoonisten, die ich kenne, sind sehr ernsthafte Leute, sind sehr schlechte Geschichtenerzähler und erzählen sehr schlimme Witze, auch wenn sie selber schreiben, während ihre Cartoons als etwas Privates auch ganz anders sind. Einige sind recht komisch. Cartoonisten sind schon recht ausgefallene Individuen. Man hat mich zum Beispiel oft gefragt, wann ich arbeite. Ich arbeite nachts. Die Hälfte arbeitet tagsüber, manche arbeiten gar nicht, manche arbeiten viel, bei manchen kommen, wie bei mir, die Ideen förmlich zugeflogen, andere zerbrechen sich förmlich den Kopf, und bei anderen ist es durchwachsen. Jeder Künstler ist anders. Und es gibt in dieser Karriere nicht allzuviele Menschen. Es gibt Millionen Ärzte, Millionen Filmemacher, aber nur eine Handvoll Cartoonisten in der ganzen Welt. Das hängt damit zusammen, daß wir Catoonisten sehr seltsame ("weird") Menschen sind. Und jedes Bild ist eine neue Herrausforderung.

FUCHS : Nun ja, wenn es nicht so viele unterschiedliche Cartoonisten gäbe, gäbe es auch nicht so viele Stilarten.

ARAGONES : Ja, zum Glück sind wir alle verschieden. Und es gibt Künstler, die auf Schulen oder aus Büchern gelernt haben und bloß Seiten um Seiten füllen.

FUCHS : Aber andere waren nie auf einer Kunstschule.

ARAGONES : Ich war nie auf einer Kunstschule. Es sind eben wirklich alle verschieden.

BOB CLARKE : Das sieht man. Das sieht man.

FUCHS : Mr. Rickard, Ihr Stil ist besonders prägnant bei den Artikeln, die sie für MAD machen.

JACK RICKARD : Nun ja, ich habe hauptsächlich Heftbeiträge, in den letzten Jahren aber auch Titelbilder für MAD gemacht.

FUCHS : Aber Sie waren nciht von Anfang an dabei.

RICKARD : Nein. Ich habe ungefähr ab Heft 52 mitgemacht.

FUCHS : Ist es eigentlich schwierig für MAD gute Einfälle zu haben?

RICKARD : Nicht, wenn man einen guten Texter hat. Je besser der Autor ist, desto besser sind auch die Ideen, die man als Zeichner hat.

FUCHS : Sind Sie zu MAD gegangen, um sich als Zeichner zu bewerben, oder hat man Sie zur Mitarbeit eingeladen?

RICKARD : Wenn ich mich richtig erinnere, war ich zu einem Zeitpunkt recht interessiert daran, für MAD zu arbeiten, und ich schickte deshalb einige Arbeitsproben ein, die dort ins Archiv wanderten. Sie müssen sie aufgehoben haben, denn zwei oder drei Jahre späater riefen sie mich aufgrund dieser Arbeitsproben an und baten mich, etwas für sie anzufertigen.

FUCHS : Die Zusammenarbeit entstand also aus gegenseitigem Interesse.

RICKARD : Richtig. Ich hatte meine Zeichnungen in die Redaktion gebracht und in der folgenden Woche nichts mehr von dort gehört, also hielt ich die Sache für gestorben. Ich hatte MAD vergessen und Hunderte von anderen Aufträge ausgeführt, als ich dann eines Tages angerufen wurde.

FUCHS : Sie machen, glaube ich, wie Bob Clarke noch Werbung.

RICKARD : ich macheviel Werbung, ich mache Fernsehaufträge, Storyboards, Animation und solche Sachen. Viele Filmplakate, vor allem humoristische. Und wenn es meine Zeit erlaubt, mals ich. Aber dafür habe ich leider nicht sehr viel Zeit.

FUCHS : Hatten Sie eine richtiggehende Kunstausbildung?

RICKARD : Ja. Ich komme also nicht vom Cartooning, sondern eher von den Schönen Künsten. Ölgemälde, Aquarelle. Es war halt nur immer so, daß die Leute über meine Bilder gelacht haben. Nicht über meine Maltechnik, sondern über die Bildinhalte. Und ich dachte mir dann eben, vielleicht sollte ich mehr in diese richtung arbeiten. Ich wollte immer Illustrationen in einem malerischen Stil anfertigen, aber der Geschmack hatte sich verändert und es gab dafür keinen großen Markt. Also bin ich mehr und mehr über Aufträge, die ich bekam, und die humoristisch waren, in eine Richtung hineingewachsen, die mir dann auch Spaß gemacht hat. Ich hatte also anfangs nie an Cartooning, Comic Books oder Comic Strips gedacht, obwohl mir diese Arbeiten gefielen, weil es mir gefällt, sie anzuschauen und kritisch zu analysieren. Und nachdem ich dann für MAD zu arbeiten begonnen hatte, kam ich plötzlich auch zu einem Auftrag für einen Comic Strip für ungefähr anderthalb Jahre.

FUCHS : "The Perils Of Pauline".

RICKARD : Ja. Wir hatten etwa 150 Zeitungen als Abnahmer, und dann gab es einige Zeitungsstreiks und die "Herald Tribune" ging pleite oder tat sich mit den anderen Zeitungen zusammen. Und wenn man in den USA nicht in einer New Yorker Zeitung ist, ist das fast so, als würde man nicht exestieren. Obwohl alles recht gut lief, verloren wir infolge des Streiks eine weitere große Zeitung, den "Philadelphia Enquirer", als Abnehmer. Das war dann wie ein Menetakel. Wir sahen, daß die Geschichte abflachte. Ich bekam dann einen Anruf von Al ( Li`l Abner ) Capp und habe ungefähr ein Jahr für ihn gearbeitet. Das waren die einzigsten Comic Strips für die - neben MAD - gearbeitet habe.

FUCHS : Wie denken Sie darüber, daß Sie bei MAD Teil einer nationalen oder internationalen Institution sind?

RICKARD : So denkt man nicht darüber. So sehr werden wir bei der Zeitschrift aucvh nicht respektiert. Wir gehen hin und machen da eine Arbeit unter anderen. Sie versuchen dort geheim zu halten, daß wir sehr berühmt sind, und daß Nachfrage besteht. Das drückt die Preise und wir sind nie sicher, ob wir am nächsten Tag gefeuert werden oder nicht. Jeder Auftrag kommt einen irgendwie wie der möglicherweise letzte vor. Man bringt die Arbeit, hört selten ein Kompliment oder wie großartig man gezeichnet hat. Normalerweise ist immer was mit den Zeichnungen nicht in Ordnung oder man fragt, warum hast du nicht dein Bestes gegeben...

FUCHS : Sagen Sie das im Ernst?

RICKARD : Ein ganz klein wenig schon.

FUCHS : Bevorzugen Sie spezielle Themen in MAD?

RICKARD : Äh...ein gutes Script, würde ich sagen. Manche lassen einem nicht viel Raum für Humor. Man bekommt ein Script, und es ist nicht das Komischiste, das man je gesehen hat, und es bleibtdann dem Zeichner überlassen, es lebendiger und komischer zu machen, als es in Wirklichkeit ist, indem er lauter kleine verrückte Dinge einbaut. ( An dieser Stelle gab es im Frage und Antwortspiel ein Mißverständnis, dessen Resultat aber ganz interessant ist. WJF). Wissen Sie, die Sitcoms, die Situationskomödien im Fernsehen, können eines unserer Probleme werden. Ursprünglich schrieben einige unserer Autoren die Sitcoms und legten sozusagen den Stil fest. Und heute folgen alle Sitcoms dieser Art von Humor, das sieht dann aus, als käme das direkt aus der Zeitschrift MAD. Wir stehen also praktisch mit uns selbst im Wettbewerb. Die Kinder können zu Hause sitzen und die Sitcoms anschauen, und was sehen sie den ganzen Tag? MAD-Humor! Und dann bekommen sie die Zeitschrift und die ist fast im selben Stil. MAD hat einfach einen großen Einfluß gehabt, auf das Fernsehen, auf Fernsehdrehbücher, auf andere Zeitschriften. Früher einmal war MAD allein auf weiter Flur und wirkte deshalb manchmal geradezu schockierend, aber schliesslich fand es Anerkennung und Nachahmung, und irgendwie verwässert das die Zeitschrift MAD schon.

FUCHS : Mr. Silverstone, wie wird man MAD-Autor ?

LOU SILVERSTONE : Ich habe praktisch dieselben Sachen im College gemacht. Ich habe Satieren geschrieben, so im Stil der Marx Brothers. Zu der Zeit gab es noch kein MAD, die Zeitschrift wurde sozusagen für uns erfunden. Als ich aus dem College kam, gab es eigentlich keinen Markt für den Verkauf von Cartoon-Ideen. Ich schickte Einfälle an MAD und bekam sie mit Ablehnungsschreiben zurück. Aber es war ein geschriebenes Ablehnungsschreiben, kein vervielfältigtes, und für einen angehenden freiberuflichen Autor ist es schon eine Art Trost. Schließlich sagten Sie mir dann noch, ich soll vorbeikommen, und so wurde ich MAD-Autor. Ich dachte nicht, die Zeitschrift würde lange bestand haben, aber jetzt bin ich doch schon zwanzig Jahre dabei. Ich hatte damals einen Beruf - wegen der Frau und dem Baby - und irgendwann mußte ich entweder meinen Job oder die Arbeit bei MAD aufgeben. Also habe ich natürlich die schlimme Entscheidung getroffen, meine Arbeit als technischer Autor ( zum Thema Metalle ) aufzugeben. Die erste Geschichte, die ich verkaufte, war für ein Herrenmagazin. Ich habe nach diesem Verkauf sofort meine Arbeit gekündigt und sagte mir, das klappt ja alles großartig. Und (lacht) zwei Jahre später verkaufte ich meine zweite Geschichte. Als ich mich dann wieder entschied, meine Arbeit zu kündigen, war ich zwar nicht ganz glücklich darüber, aber es hat sich im Endeffekt doch rentiert. Ich mache nebenbei gelegentlich auch Fernsehen.

FUCHS : Ist es manchmal nicht schlimm, all die Fernsehsendungen anzusehen... (eigentlich wollte ich hier weiterfragen: ...die Sie parodieren. WJF )

SILVERSTONE : Ja. Ist es. Aber verheiratet zu sein ist großartig. Weil, was anderes ist ohnehin nicht zu tun. Man sieht ohnehin fern. Mein Sohn fragt dann, wieso sieht du fern, während ich Hausaufgaben machen muß und ich antworte : Ich arbeite, ich arbeite. Dann bin ich schon vom Haken.

FUCHS : Aber ist es manchmal nicht schlimm eine Fernsehsendung in dem Wissen anzuschauen, daß man darüber eine Satiere machen muß?

SILVERSTONE : Ja, ist es. Als ich für MAD zu arbeiten anfing, haben mir Filme und Fernsehen kaum noch Spaß gemacht, weil ich mir überlegt habe, wie kann ich das drehen und biegen, daß es komisch wirkt. Aber jetzt, zum Beispiel bei der Satiere zur Fernsehserie "Dallas", da ist es das wie jedes andere Geschäft. Ich hatte die Serie nie gesehen, habe mir dann vier, fünf Wochen hintereinander die Sendung angesehen und gelegentlich eine aufgezeichnet. Manche Dinge macht man aber auch mit großer Liebe, etwa die Serie "White Shadow", die von einem Basketball-Coach an einer Oberschule handelt. Mein Sohn ist im selben Alter und spielt Basketball, so daß ich mich sehr mit der Geschichte identifizieren kann. Andere Dinge sind dagegen halt Schwerstarbeit.

FUCHS : Und wie steht es mit dem MAD-Film "Up the Academy"?

SILVERSTONE : ( Pause ) Damit hatten wir überhaupt nichts zu tun. Ich habe den Film auch garnicht gesehen. Die haben alle MAD-Autoren interviewt und gefragt, ob wir Ideen dafür hatten, und wir hatten alle welche, also haben sie zwei Fernsehautoren angeheuert, das Drehbuch zu schreiben. Und niemand möchte nun Schuld dran gewesen sein. Der Hauptdarsteller wollte seinen Namen gar nicht im Darstellerverzeicvhnis haben. Deshalb meinte Dr. Feldstein, er wünschte, er hätte das selbe Recht, den Namen MAD zurück zuziehen. Aber der Film "Airplane", eine clevere Parodie auf die ganzen "Airport"-Filme, das ist die Art Film, die MAD hätte machen sollen. Die haben in ihren Film dieselben Techniken wie wir angewendet. Das war wirklich komisch. Aber "Up The Academy" ist..........

FUCHS : Ihr deutscher Verleger meinte, der Film würde hier nicht gezeigt werden.

SILVERSTONE : Na hoffentlich nicht, das würde ja sein Geschäft ruinieren

( Lacht )

FUCHS : Ist es nicht manchmal erschreckend, wenn Sie daran denken, daß das, was Sie schreiben weltweit von Millionen Menschen gelesen wird?

SILVERSTONE : Tja, wir haben in der Tat Millionen junger Menschen beeinflußt. Ich bin 20 Jahre bei MAD, und die Zeitschrift gibt es seit 25 Jahren. Es heißt, jeder Fernsehautor und jeder Werb etreibende ist mit MAD groß geworden. Wir waren von Comics wie "Li`l Abner" von Al Capp beeinflußt - wenigstens war es der erste Comic, der mich beeinflußt hat. Er machte auch Satiren. Sie waren halt nur nicht ganz so subtil.

FUCHS : Aus welchen Quellen ziehen Sie Ihre Satire?

SILVERSTONE : Nun, ich habe einen Sohn im Teenager-Alter und höre mir seine Klagen an. Oder die meiner Frau. ich höre einffach zu. Wirklich. Oder ich lese in der Zeitung etwas, daß so absurd ist, daß ich mir sage, daraus muss man doch was machen. Das ist das Großartige an meinem Job, daß ich Dinge, an denen ich mich reibe, mir von der Seele schreiben kann. Wir haben zum Beispiel in unserem Land Liberale, die jedermann gleiche Rechte geben wollen, den Schwarzen und so weiter. Die sorgen dann für integrierte Schulen - und schicken ihre Kinder auf Privatschulen, wo sie keine Schwarzen sehen. Zu diesem Thema habe ich dann einen Artikel gemacht. Ich meine eben diesen Wahnsinn. Die Welt ist mad.

FUCHS : Und die einzig vernünftige Sache der Welt ist MAD?

SILVERSTONE : Tja... ich würde nicht unbedingt sagen, daß wir vernünftig sind. Waren Sie eigentlich von der MAD-Truppe überrascht...so, von ihrem Alter?

FUCHS : Nein, eigentlich nicht. Es gibt da ja CARTOONIST PROfiles.

SILVERSTONE : Ja. Sehr talentierte Leute.

FUCHS : Die einzige Überraschung war Don Martin, weil er, verglichen mit seinen Zeichnungen, sehr introvertiert wirkt.

SILVERSTONE : Ja. Er ist sehr still. Er ist das genaue Gegenteil seiner Zeichnungen. Bei Vorträgen an Schulen fragt man mich immer, wie ist eigentlich dieser Don Martin. Er ist der einzige, der noch ruhiger ist als ich.

FUCHS : Vielleicht muß er ja auch so ruhig sein, um einige dieser extremen Situationen zu erfinden, die er manchmal zeichnet.

SILVERSTONE : Ich wurde einmal in Miami interviewt und anschliessend meinte der Reporter, ich hätte im ganzen Interview nichts Komisches gesagt. Da meinte ich dann, der einzig wirklich witzige Mensch bei MAD ist Sergio Aragones. Er ist witzig und spontan. Ich setze mich an die Schreibmaschineund überlege. Bei Sergio hingegen geht alles wie von selbst. Als wir in Italien waren, gab es dort gerade einen Streik und plötzlich rannte er mit irgendeinem Demonstrationsplakat herum. So ist er eben. Auf solche Ideen käme kein anderer von uns.

FUCHS : Und was machen Sie neben der Arbeit für MAD?

SILVERSTONE : Nun, ich arbeite für Trickfilme, die Werbung. Ich habe auch für Komiker geschrieben, aber die haben mir Magengeschwüre bereitet. Wissen Sie, da schreibt man eine Szene für einen Komiker, der benützt sie und ruft dann begeistet an, das Publikum hätte großartig darauf reagiert, und am nächsten Abend dann ffft -! Damit habe ich dann aufgehört. Lieber in einem Lebensmittelmarkt arbeiten als für Komiker schreiben.

FUCHS : Ihr Zeichenstil ist vielen Menschen vielleicht eher von Arbeiten bekannt, die nicht für MAD entstanden, Mr. Coker.

PAUL COKER JR. : Ja, das stimmt vielleicht. Ich arbeite für MAD, aber ich mache auch Cartoons für Hallmark-Grußkarten. Außerdem mache ich Figurenentwürfe für einen amerikanischen Fernsehproduzenten, für Arthur Rankin-Bass Productions. Und dann noch Arbeiten für jeden, der sie will. In gewisser Weise ist mein Stil tatsächlich wegen Hallmark besonders bekannt, weil diese Karten doch sehr weit verbreitet sind. Ich arbeite dort für die Abteilung zeitgenössische Karten und habe auch viele deutsche Grußkarten auf deutsch gemacht. Das heißt, ich zeichne nicht nur die Karten, sondern schreibe auch die Text auf deutsch.

FUCHS : Haben Sie auch Comics gemacht?

COKER : Ja, Comic Strips. Einer war "Horace And Buggy", aber der war sehr kurzlebig. Ein anderer, den ich zusammen mit einem Texter machte - ich zeichne ja nur -, hieß "Lancelot". Comic Books habe ich dagegen nie gemacht, außer man will MAD als Comic Book bezeichnen.

FUCHS : Hatten Sie sich bei MAD beworben oder fragte die Redaktion bei Ihnen an ?

COKER : Nein. Ich hatte einen Freund, der für MAD schrieb, und der nahm mich mit ins Büro. Bei der Gelegenheit zeigt ich meine Arbeiten vor, und man gab mir daraufhin ein Script mit, das ich illustrieren sollte. Und so fing alles an. Möglicherweise hatten Sie auch vorher schon einige der Skizzen gesehen, die ich für meinen Freund, den Texter, gemacht hatte, und ahtten daraufhin Interesse an meiner Mitarbeit bekundet. Jedenfalls wurde ich nciht angerufen, sondern ich schaute mal eben in der Redaktion vorbei.

FUCHS : War es eigentlich schwer, die Ideen für die "Beasties", die Sie machten, zu finden?

COKER : Ach, die schrecklcihen Klischees, meinen Sie. Nein, aber das gilt für alle Arbeiten die ich mache: die ganze Schwerarbeit macht der Autor, der zu Hause sitzt und die Ideen ausbrüten muss. In gewisser Weise dekoriere ich nur, was sie tun, wenn Sie verstehen was ich meine. Das ist wie bei Lou Silverstone, mit dem Sie eben sprachen: Er schreibt, er leistet die schwerere Arbeit. Und ich zeichne im Grunde nur kleine Dinge, die zu dem passen, was er geschrieben hat. Der schwierige Teil an dem ganzen Vorgang ist, daheim vor einem leeren Blatt Papier zu sitzen und sich eine gute Ideen abringen zu müssen.

FUCHS : Sie bringen also nur zu Papier, was der Texter Ihnen vorgibt?

COKER : Im Grunde genommen, ja. Ich schmücke natürlich die Idee schon gerne aus. Das ist natürlich das Schönste, wenn man noch ein Tüpfelchen aufs i setzen kann. Das versuche ich schon.

FUCHS : Wir sprachen ja schon von Ihrem prägnanten, leicht erkennbaren Stil. Wie kamen Sie dazu?

COKER : In einer Kombination verschiedender Einflüsse. Ich besuchte die Universität, um Zeichnen und Malen zu studieren. Der Stil - hauptsächlich erkennbar an der Tuschlinie mit gelegentlichen Verdickungen - ist dann aber in der Hauptsache beeinflußt von Ronald Searle, dem englichen Cartoonisten. Allerdings nicht bewusst. Man setzt sich nicht hin, schaut seine Arbeiten an und kopiert dann. Man nimmt das einfach irgendwann einmal auf und setzt das in Gedanken um. Ich schaue mir heute praktisch keine Arbeiten anderer Cartoonisten mehr an, weil ich deren Arbeitsweise ohne jede Mühe aufnehemn kann. Ich bin da sehr leicht zu beeinflussen, aber ich will garnicht beeinflußt werden.

FUCHS : Sie sind aber auch ihrerseits ein Einflußfaktor für andere Zeichner ?

COKER : Ja, aber das ich unvermeidlich. Doch die müssen dann eben sehen, daß auch ich beeinflußt von Vorbildern bin. Von vielen Künstlern von Walt Disney bis Ronald Searle. Jemanden, der von meinem Stil beeinflußt wird, kann ich eigentlich nur den Rat geben, einfach darauflos zu zeichnen. Nach einer gewissen Zeit hat er diese Phase durchlaufen und entwickelt so einen Stil, in dem zu zeichnen ihm angenehm ist.

FUCHS : Gibt es einen Unterschied zwischen der Arbeit für MAD und für Werbeagenturen ?

COKER : Oh ja. Das größte Problem in der Werbung ist, daß die Werbetreibenden und Art-Directors nichts haben wollen, das auch nur im entferntesten anstößig ist. Sie wollen gefallen, alles muß nett aussehen. Das Resultat ist dann irgendwie leblos und ohne Spontanität. Obwohl in der Werbung gut bezahlt wird, bin ich deshalb nicht so begeistert von Werbeaufträgen. Die Arbeit für MAD macht dagegen immer Spaß, weil ich da totalle Freiheit habe. Ich kann machen was ich will und wie ich es machen will.

FUCHS : Erschreckt es Sie manchmal, daß Sie mit Ihrer Arbeit soviele Menschen beeinflussen?

COKER : Nun...(lacht)... überhaupt nicht, weil ich weiß, daß ich niemanden beeinflusse, und weil fast niemand weiß, wer ich bin und sie mein Stil aussieht. Aber manchmal vorrausgesetzt, Ihre Prämisse träfe auch nur auf ein Dutzend beeinflußte Leute zu, würde mir das keine Angst machen. ich mache mir bei der Arbeit wirklich keine Gedanken darüber, wie das auf andere wirken könnte. Wenn ich etwas zeichne, dann eigentlich nur, weil es mir selber gefallen soll.

FUCHS : Ihre Zeichnungen sind ja Höhepunkte in den MAD-Heften...

COKER : Läuft das Band noch? Dann möchte ich davon eine Kopie.

FUCHS : ...aber limitiert Sie Ihr Stil nicht auf bestimmte Arten von Artikeln?

COKER : Das weiß ich nicht, weil ich die Geschichten, die ich mache, nicht selber aussuche. Ich bekomme von der Redaktion ein Script geschickt und das zeichne ich dann eben, egal was es ist. Ich sage nie, das ist nichts für mich. ich führe die Zeichnungen aus und schicke sie dann an die Redaktion...

FUCHS : Mr. Feldstein, MAD wurde doch begonnen, weil die alten E.C. Comics von verschiedenen Institutionen als zu grauenhaft attackiert wurden.

AL FELDSTEIN : Nicht genau. MAD begann als eines unserer Comic-Hefte, bevor die in Schwierigkeiten gerieten. Wir hatten drei Horror-Comic-Titel, zwei Science-Fiction-Hefte und zwei Crime-Titel, dazu zwei Kriegs-Comics. Und der Redakteur der Kriegs-Comics wollte sein Einkommen erhöhen, weil er nur zwei Titel machte, ich dagegen sieben. Dieser Redakteur war Harvey Kurtzmann. Er schlug also vor, ein humoristisches Comic-Heft zu amchen, und damit war MAD geboren. Ursprünglich hatte das Heft seinen Titel von den alten E.C. Horror-Comics: Die "alte Hexe" und der "Gruftwächter" der von mir geschriebenden Hefte sprachen immer von ihren "verrückten E.C. Zeitschriften" ( mad mags ). Die Horrorhefte waren ja ziemlich verrückt, und deshalb wollten wir die Humorzeitschrift, die ein komisches Comic-Book sein sollte, - E.C.`s Mad Magazine nenne. Er verkürzte das zu Mad Magazine und so fing alles an. Die Zeitschrift wurde so wie sie heute ist, als die Comics in Schwierigkeiten gerieten. Wir gingen vom Comic-Format, das in schwarz/weiß mit farbigen Umschlägen erschien. Nachdem das drei Hefte lang erschienen war, verließ uns Harvey, um anderen Arbeiten nachzugehen und ich übernahm die Redaktion. Das war 1955.

FUCHS : Die ursprüngliche Comic-Book-Form von MAD hat ja wohl auch die Themenauswahl - Parodie von Comics, Radio und frühem Fernsehen - beeinflußt, während nach der Umwandlung in eine Zeitschrift die Themenpalette ausgeweitet wurde.

FELDSTEIN : Richtig. Das ursprüngliche MAD war einfach ein lustiges Heft. Harvey und ich standen ja auf sehr gutem Fuße, deshalb ermutigte ich ihn, Parodien zu machen. Die ersten Hefte beinhalteten deshalb auch Parodien von Horror-und Science Fiction-Geschichten, wie wir sie in unserem anderen Hefte brachten. Bei Arbeitsessen unterhielten wir uns darüber, was noch gemacht werden könnte, etwa Satiren auf typisch Amerikanisches. Das führte zu Parodien von berühmten Comic Figuren wie dem "Lone Ranger" oder "Superman". ich hatte eigentlich immer das Gefühl, mit der Zeitschrift ließe sich mehr machen als Harvey damit tat, aber ich hatte ja primär mit meinen eigenen heften zu tun. Als ich dann die Zeitschrift übernahm, führte ich als erstes Alfred Neuman als Titel-Maskottchen ein, und ließ ihn gleich für das Präsidentenamt kandidieren. Das war 1956 - vor mehr Jahren als mir aufzuzählen lieb ist. Für das Heft zur Wahl 1980 haben wir dasselbe Gemähle von Norman Mingo, das erstmals den Zusatzkandidaten A.E. Neuman zeigte, noch einmal auf der Titelseite gebracht.

FUCHS : In einem der frühen Hefte schrieb doch einmal ein Leser, Alfred E. Neumann sähe Prinz Charles von England sehr ähnlich.

FELDMANN : Ja, um die Zeit erschien in den Zeitungen ein Bericht zum Geburtstag von Prinz Charles - dem 12. glaube ich - mit Foto. Als wir deshalb eine Reihe Zuschriften bekamen, veröffentlichten wir sie zusammen mit dem Foto. Ungefähr einen Monat später bekamen wir einen Brief auf offiziellen, echtem Buckingham-Briefpapier, in dem es in etwa hieß : " Ich sehe keineswegs aus wie Alfred E. Neumann, merkt Euch das." Unterschrieben war der Brief mit Charles P. wir haben uns ein bißchen umgehört und festgestellt, daß der Brief echt gewesen sein muß, denn nur jemand, der sich gut mit Königshäusern auskennt, hätte gewusst, daß Charles hinter seinen Namen ein P für Princeps ( Prinz ) setzen würde.

FUCHS : Wie war das eigentlich mit dem E.C. Comics ?

FELDMANN : Nun, in jener Zeit gab es in unserem Lande ein gewisses Ausmaß an Histerie und in die gerieten auch unsere Hefte.

( Wie für ein MAD-Interview nicht anders zu erwarten, gab an dieser Stelle der Akku des Reportagegeräts nach mehreren Stunden den Dauerbetrieb endlich den Geist auf. Der Schluß des Gesprächs mit Al Feldstein- und damit den Schluß dieses Artikels - wurde gleich im Anschluß an die Interviews aus dem Gedächnis rekonstruiert und wird im Stil der wörtlichen Rede weitergeführt, auch wenn nicht mehr alles hundertprozentig der tatsächlichen wörtlichen Rede entspricht. WJF. )

Wir hatten bei den Horrorgeschichten nicht die geringsten Bedenken. Der Irrtum der Kritiker war, daß sie Comics - was sie nicht waren - für einen Kinderlesestoff hielten, aber erst durch ihre Angriffe dafür sorgten, daß Comics zu Kinderheften verkamen. Mit der Code Authority hat sich die Comic-Industrie selbst die Eier abgeschnitten. MAD entstand, wie gesagt, vor den großen Angriffen. Und nachdem die Eiferer die Comics kaputtgemacht hatten, wollten wir uns von den noch verbliebenden Comics durch das Magazinformat unterscheiden. Eines Tages stellten wir fest, daß die Zeitschrift ein Erfolg geworden war. Die E.C. Comics waren in gewisser Weise ihrer Zeit weit vorraus, weil sie versuchten, erwachsenere Themen gut zu präsentieren. Das ist wie bei manchen Künstlern, die erst anerkannt werden, wenn sie tot sind. Mir ist es deshalb heute eine besondere Genugtuung, all die Nachdrucke unserer Arbeit von damals zu sehen. Die Angriffe auf E.C. wurden von Leuten geführt, die sich - wie Wertham - aufgrund falscher Vorraussetzungen für Fachleute hielten,, und von Leuten - wie es sie immer wieder gibt -, die der Ansciht sind, daß man den Menschen vorschreiben soll, was sie lesen sollen, von Menschen also, die einfach zu protektiv sind und gerade deshalb wieder Schaden anrichten.

E.C.Comics haben heute noch ihre Auswirkungen in den Underground Comics, und ja. die Horror Comics, die wir eingeführt hatten, waren eine Art Moralitätenspiele, aber auch da war es so, daß Bill Gaines und ich bei den Geschichten, die wir schrieben, unsere liberalen Vorstellungen verwirklichen konnten. Im übrigen war es so, daß unsere Hefte vor allem auch bei älteren Lesern populär waren, und auch unter den Soldaten große Verbreitung fanden. Das hörte aber schlagartig mit dem Beginn der Hexenjagd auf.

Die Chance, meine liberalen Ansichten durchzusetzen und zu verbreiten, die ich bei E.C.Comics gehabt hatte, hatte ich in noch weit größerem Ausmaß dann auch bei MAD. Wobei das Gute an MAD ist, daß wir uns auf keine politische Richtung festlegen ließen, was es uns wesentlich erleichterte, Grundsätzlicheres zum Kern unserer Kritik zu machen. Jeder unserer Mitarbeiter hat in der Folge praktisch die Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen.